extinct.algorithm
Software + Installation
Der chinesische Staat hat eine Software geschaffen, die auf ebenso perfekte wie perfide Weise Überwachungskapitalismus und Überwachungsstaat miteinander verbindet. Sie erfasst jede noch so kleine Lebensäußerung wie soziale Kontakte, Einkäufe und Taxifahrten und unterzieht diese einer automatischen Bewertung. Ihre Nutzung ist unausweichlich, denn Alltägliches wie Zahlungsvorgänge oder der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen sind ohne sie nicht mehr möglich. Sie erlaubt es Beamten, in Echtzeit Menschen überall zu tracken. Das Resultat ist ein fatales Zusammenfallen eines ungeheuren Pragmatismus mit einem ebenso ungeheuren Angebot an missbräuchlichen Nutzungsmöglichkeiten. Die historisch ersten Opfer dieser entsetzlichen Waffe sind die Uighuren, die aktuell in China den ersten algorithmischen Genozid der Geschichte erleiden. extinct.algorithm versucht, dies sichtbar und spürbar zu machen.
Mit einer interaktiven Plakatwand informiert extinct.algorithm über die Vorgänge und vermittelt Hintergrundinformation. Ein wichtiger Knotenpunkt des Trackings ist die Anbringung von Formularen durch die Regierung an den Häusern der Uighuren. Darauf sind Daten wie Name oder Ausweisnummer sowie ein QR Code öffentlich zu sehen. Vertreter der Behörden scannen diese Codes und erhalten dadurch sofort Informationen zu Aufenthaltsort, Tätigkeit oder Familie der Betroffenen. In der Installation extinct.algorithm erhalten Ausstellungsbesucher das Angebot, als Akt der Solidarität ihre eigenen – echten oder falschen – Daten sowie Kommentare als Plakat auszudrucken und in die Installation zu integrieren. Auf diese Weise wächst die Plakatwand mit jedem Besucher. Der Prozess wird dokumentiert und kann so auch auf der Website des Projektes verfolgt werden.
Nikola Lutz - Konzeption
Steffen Reichelt - Programmierung
The Chinese state has created a software that combines surveillance capitalism and state surveillance in a way that is as perfect as it is perfidious. It records even the smallest life expressions, such as social contacts, purchases and taxi rides, and subjects them to automatic evaluation. Its use is inescapable, because everyday things like payment transactions or access to public facilities are no longer possible without it. It allows officials to track people everywhere in real time. The result is a fatal coincidence of tremendous pragmatism with an equally tremendous array of abusive uses. The very first victims of this horrific weapon are the Uyghurs, who are currently suffering in China the first algorithmic genocide in the history of time. extinct.algorithm tries to make this visible and tangible.
With an interactive billboard, extinct.algorithm informs about the events and provides background information. An important node of the tracking is the attachment of forms by the government to the houses of the Uyghurs. On these, data such as their name or ID number, as well as a QR code, are publicly visible. Representatives of the authorities can scan these codes and thus immediately receive information about the whereabouts, activity or family of the persons concerned. In the installation extinct.algorithm, exhibition visitors are offered the opportunity to print out a poster with their own - real or false - data and comments that can be then integrated into the installation as an act of solidarity. In this way the poster wall grows with each visitor. The process is documented and can also be followed on the project’s website.
Nikola Lutz - concept
Steffen Reichelt - software design
NIKOLA LUTZ
Prof. Nikola Lutz, geb. 1970, ist Saxofonistin, Komponistin und Bildende Künstlerin. Mit grafischen Arbeiten und Vinylobjekten, die im Zwischenraum zwischen Bildender Kunst und klanglich nutzbaren Objekten entstehen, erforscht sie das Verhältnis von visueller zu auditiver Wahrnehmung. Sie ist eine profilierte Spielerin Neuer und experimenteller Musik und hat an der HMDK Stuttgart seit 2017 eine Honorarprofessur für klassisches Saxofon inne. Als Komponistin gilt ihr Interesse der Elektronik und der Konzeptimprovisation, sie realisierte z.B. die abendfüllende Multimedia-Performance foco_2018 für den Deutschlandfunk. Kunst ist für Nikola Lutz eng mit gesellschaftlicher Entwicklung verbunden, folgerichtig wählt sie bevorzugt Sujets aus Politik und aktuellen Themen. Im „Stuttgarter Kollektiv für aktuelle Musik e.V.“ engagiert sie sich für die Förderung der Neuen Musik im Stuttgarter Raum.
Prof. Nikola Lutz, born 1970, is a saxophone player, composer and visual artist. She explores the relationship between visual and auditory perception with graphic works and vinyl objects that are created in the space in between visual art and objects that can be used for sound production. She is a distinguished player of new and experimental music and holds a professorship in classical saxophone at HMDK Stuttgart since 2017. As a composer, she focusses on electronics and concept improvisation as for example, in the multimedia performance foco_2018, which she realized for Deutschlandfunk. For Nikola Lutz, art is closely linked to the development of our societies; hence, she prefers to choose subjects from politics and current issues. In her role of Chairman of the »Stuttgarter Kollektiv für aktuelle Musik e.V.« she is committed to actively promoting new music in the Stuttgart area.